Ausgabe 2 | Weit weit weg! | 25.02.2014 |
Côte d’ Azur - Strahlend blauer Himmel, nur ein leichter Wind zerzaust die Hochsteckfrisuren der jungen Ladies, die sich am Strand in der Sonne räkeln. Der Geruch von Sonnencreme, Salzwasser und Cocktails hängt in der Luft, es muss so sein, wie man sich das Paradies vorstellt. Yvonne Moncrieff beobachtet das Geschehen aus weiter Entfernung von ihrer Villa in den flachen Hügeln aus. Sie reist seit ihrer Hochzeit mit Mr. Moncrieff mindestens einmal im Jahr in ihr Ferienhaus in B. „Hierher zu kommen ist jedes Mal wieder etwas Neues. Es verändert sich ständig etwas, die Menschen, das Meer, die Landschaft. Doch was immer gleich bleibt, ist die Sonne. Sie scheint unerbittlich auf dieses wunderbare Fleckchen Land.“ schwärmt die ständig unter dem gesellschaftlichem Druck stehende Frau aus dem gehobenen Londoner Milieus. „Es ist der perfekte Ausgleich zu dem tristen London, dessen Smog, seinem Chaos. Die Ruhe, die diesen Ort beherrscht ist unglaublich.“ Und tatsächlich. Sobald man die etwa einstündige Fahrt vom Flughafen überstanden hat, spürt man eine innere Gelassenheit, die so selten vorkommt, dass man sie bewusst wahrnimmt. Wer jetzt den Eindruck hat, dass es an der Riviera nichts anderes gibt als Ruhe und die typischen Dinge eines Sommerurlaubs irrt sich gewaltig. Das merkt man spätestens, wenn man mittwochs und/oder freitags um acht Uhr morgens den Marktplatz des kleinen Fischerdorfs betritt. Die Einheimischen versuchen ihren Waren an die wenigen Touristen hier im Ort zu verkaufen. Es gibt nur in der nächstgrößeren Stadt einen Supermarkt, weshalb die Dorfbewohner sich auf dem Markt tummeln um ihre Lebensmittel einzukaufen. Es riecht nach frischem Fisch, der im Morgengrauen gefangen wurde und anschließend direkt zum Verkauf angeboten wird. Es werden auch Lederwaren gehandelt, die von Rindern stammen, die einmal auf den hiesigen Weiden gegrast haben. Als Tourist herrscht ein Trubel um einen, der nicht vergleichbar mit dem in London ist. Der Marktplatz in Le Lavandou wird durch die prächtige Kirche aus dem 14. Jahrhundert geschmückt und charakterisiert. Entworfen und gebaut wurde sie von Le Lavandou, dem damaligen Monarchen in der Region. Das hellgehaltene Bauwerk wird regelmäßig von Frau Moncrieff besucht. Dort kann sie das Vergangene und Erlebte in aller Ruhe und mit genügend Stille verarbeiten. Die englische Dame findet, dass die Bemalungen der Decke einmalig sind. Sie stammen von dem Künstler Monet, der während der Gotik-Epoche zahlreiche Kirche mitgestaltet hat. Die Kirche ist diejenige an der Côte d’ Azur, die am besten erhalten ist und gehört dadurch auch zu einer der ältesten. Sie ist durch die untypische Kombination von Holz- und Sandsteinelementen bekannt geworden. Wenn man die Kirche und ihre angenehme Kühle verlässt, bemerkt man, dass der Markt abgebaut wurde und sich die Menschen in ihre Häuser zu einer Siesta während der Mittagshitze verkrochen haben. Die Tauben haben wieder ihre Stammplätze am Brunnen eingenommen und eine Gruppe älterer Herren trifft sich zu einem gemütlichen Boulespiel. Am Abend sollte man auf jeden Fall ein Dinner im Restaurant St. Raphael nicht versäumen. Das Menü mit den Escargots zur Vorspeise, ein Salade Nicoise, zum Hauptgang ein Entrecote mit Sauce Béarnaise und zum Dessert ein Mousse sind ein Traum. Dazu passt perfekt eine Flasche Baron Rothschild. Anschließend kann man den Abend mit einem Besuch im Casino an der Promenade Anglais in Nizza ausklingen lassen. Selbst wenn man kein Interesse am Glückspiel hat, ist es ein absolutes Muss. Die Atmosphäre ist unbeschreiblich, es liegt so viel Spannung in der Luft, dass man sich kaum traut etwas zu sagen. Der rote Teppich verweist auf das Reichtum und man fühlt sich ein wenig wie Grace Kelly. Nach einigen Wochen im Süden Frankreichs hat man wieder die Kraft für das hektische London und weiß, was 'savoir vivre' bedeutet. NE |
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